Stufenkraftwerk am Emsbach

 

Januar 2020

Der seit 1934 als Professor für Hydraulik[16] an der Hochschule Danzig tätige Franz Lawaczeck, Bruder des NS-Bürgermeisters Ernst Lawaczeck und wie seine Brüder Paul und Ernst seit Mitte der 1920er Jahre[17] Mitglied der NSDAP, konzipierte das von ihm erbaute Stufenkraftwerk Camberg gemäß der NS-Wirtschaftsideologie. Dieses Wasserkraftwerk, das die Landbevölkerung mit günstigem Strom versorgen sollte, hatte Franz Lawaczeck bereits 1932, also vor der sog. Machtergreifung, in der parteieigenen, unter der Herausgeberschaft von Gottfried Feder stehenden NS-Schriftenreihe Nationalsozialistische Bibliothek beschrieben.[18] Zielrichtung des Projekts,[19] das als Prototyp für die Stromerzeugung im NS-Staat gedacht war, sollte die systematische Ausschaltung des „jüdischen Großkapitals“ aus der Energiewirtschaft sein. Mittels der kommunalen Energiewirtschaft sollte ein Signal gegen den „Geld- und Warenwucher“, die „Wegelagerer“ und „Spekulanten … zumeist Juden“[20] gesetzt werden. Die im Kern antiliberalistische Ausrichtung der von Franz Lawaczeck im Konzept des Stufenkraftwerks vertretene Wirtschaftsauffassung geht von einer primär „jüdisch“ definierten, kapitalistischen Privatwirtschaft aus, die den Strommarkt zuungunsten des „deutschblütigen“ Handwerkers und Bauern für eigenes Profitstreben nutzt. Mit dem Wirtschaftsmodell des Stufenkraftwerks wirbt der NS-Ideologe Lawaczeck für eine Volkswirtschaft, die dem „rassenmäßig bedingten Wunschbild“[21] gemäß der Vorstellung Gottfried Feders entspricht und den „germanischen Völkern“ die wirtschaftliche Befähigung verleihen sollte, „durch ihren Zusammenschluss endlich den dauernden Wall gegen Niederrassentum aufzurichten und diesen Wall dauernd geschlossen gegen Osten vorzuschieben.“[22] Trotz vielfacher politischer Protektion, u. a. durch den Gauleiter Jakob Sprenger, scheiterte das Vorhaben Lawaczecks, da es sich nicht als wirtschaftlich erwies. Die Ruine des Camberger Stufenkraftwerks befindet sich noch vor Ort. In der regionalen Geschichtsschreibung[23][24] wird Franz Lawaczeck unter Auslassung von dessen Involvierung in den Nationalsozialismus als „Erfinder-Ingenieur“ geehrt.

 

Die Ruine des Stufenkraftwerkes zwischen Bad Camberg und Würges wurde im Herbst 2020 im Zuge der Emsbachrenaturierung abgerissen. Reste vom Wehr, Höhe Firma Kasper, sind noch vorhanden. Aus meiner Kindheit kenne ich noch das Stufenkraftwerk zwischen Schwimmbad und Sportplatz und das in Höhe vom Lagerplatz der Fa. Weyrich. Das waren für uns die besten Abenteuerspielplätze in ganz Camberg.


Der Verein Historisches Camberg e.V. hat in seiner Schriftenreihe, Ausgabe Nr. 27 vom August 1996, einen interessanten Bericht von Karl Dembach über die Geschichte der Camberger Stufenkraftanlage veröffentlicht.

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Verein Historisches Camberg e.V.
Broschüre Nr. 27 vom August 1996
Bericht von Karl Dembach
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Ruine des Stufenkraftwerks zwischen Bad Camberg und Würges

Wehr in Höhe der Firma Kasper. Ich kann mich noch gut an den Holzsteg über das Wehr erinnern.  Im hier aufgestauten Emsbach war früher das Schwimmbad, in dem unsere Großeltern badeten.